Während genau 72 Stunden befindet sich Basel jedes Jahr im Ausnahmezustand – denn dann findet die Basler Fasnacht statt, die UNESCO Weltkulturerbe ist. Dabei geht es aber nicht nur um Musik, Kostüme, Konfetti, was hier Räppli genannt wird, und Spaß. Vor allem die Auseinandersetzung mit allen möglichen lokalen, nationalen und internationalen Themen des letzten Jahres spielt eine große Rolle. Diesen März war es wieder soweit und ich habe mir einige der ausgewählten Umweltthemen genauer angeschaut. Die Plastikverschmutzung und der Klimawandel wurden diesmal besonders oft thematisiert.
Gesellschaftliche Themen werden während der Fasnacht in verschiedenen Arten und Weisen behandelt. Die Fasnachts-Gruppen, die als Cliquen bezeichnet werden, wählen jedes Jahr ein Thema. Eines der wichtigsten Mittel dieses zu präsentieren ist eine Laterne, die jede Clique mit Bildern und Sprüchen gestaltet. Auch die Kostüme der Fasnächtler und die Umzugswagen sind oft ans Thema angepasst. Außerdem gibt es sogenannte „Schnitzelbängge“ (sprich: Schnitzelbänke), wo kleine Gruppen an Fasnächtlern an den Abenden durch die Cliquenkeller ziehen und mit Bildern, Musik und Gesang Themen des letzten Jahres satirisch vortragen. Während der Umzüge und der Schnitzelbängge werden auch Zettel (“Zeedel”) mit kritischen and satirischen Texten über das entsprechende Thema verteilt. Hier zeige ich nun einige der Laternen, Wagen, Kostüme und Zettel der Fasnacht, wobei ich versucht habe Baslerdytsche Sprüche aufs Hochdeutsche zu übersetzen 😉
Die Plastikverschmutzung der Meere
Das wohl häufigste Umweltthema war die Verschmutzung der Meere mit Plastik. Dies ist wirklich ein super Thema für die Medien, da es spontan viele Emotionen auslöst. Wer hat kein Mitleid, wenn er die armen verendeten Wale oder Vögel mit dem ganzen Plastik im Körper sieht? Und wer hat nicht schon Plastikmüll in der Natur liegen sehen? Es ist eine kurze Kette zwischen der Produktion von Plastik, dessen Verwendung, achtloser Entsorgung und der Verschmutzung der Umwelt, insbesondere der Meere. Es symbolisiert gut den Missbrauch der Umwelt durch die Menschen. Es ist wirklich erfreulich, dass dieses Thema nun so bekannt ist und viel Entsetzen und Betroffenheit auslöst. Der Nachteil ist aber, dass andere wichtige Umweltthemen dadurch aus dem Fokus geraten bzw. weiterhin weitestgehend unbekannt sind. Als größte Umweltprobleme werden u.a. der Verlust an Biodiversität und der gestörte Stickstoffkreislauf gesehen, was beides nur relativ wenig mediale Präsenz erhält.
“Recyceln statt Verschmutzen” Laterne zum Thema Recycling “Was solls, wenn wir die Welt versauen, im All kann man eine neue bauen.” “Nie wieder ins Meer” “Damit die leeren Flaschen nicht im Meer vergammeln, tut man sie in Basel seit Jahren im Rathaus sammeln.” “Thema: Im Plastikdreck stirbt das Meer weg.”, “Auf Galapagos haben sie eine Riesenschildkröte gefunden – sie sei schon 100 Jahre verschwunden. Wir sind froh, kann sie nicht schwimmen, sonst gäbe es sie wirklich nicht mehr.” “Der Poseidon da schaut ganz verdroschen – mit all dem Plastik an den Flossen.”, “Weniger Plastik ist Meer!”, “Fischer’s Fritz fischt frisches Plastik.” Figur auf Plastikmüll Umzugswagen der Basler Fasnacht 2019 zum Thema Plastikverschmutzung Kostüme aus Plastikmüll “Der Nemo ist richtig froh, dass er nicht aus Plastik besteht.” “Für die Zukuft wünscht sich die Schildkröte sehr, dass sie im sauberen Meer wohnen kann.” “Der Spongebob findet es gar nicht lustig, das Plastik macht uns alle platt.” Kostüme zum Thema Erde “Man denkt überhaupt nicht an Morgen, überlässt der nächsten Generation die Sorgen. Ganze Plastik-Teppiche schwimmen im Meer, Seeböden sind voll von Mikroplastik and Polymeren.” “Die Reste der Nachtcreme-Kunststoffkügelchen zersetzen sich dann in 500 Jahren auf unseren konservierten Gesäßen, es besteht also überhaupt keine Gefahr!” Basler Fasnacht 2019 “Zeedel” zum Thema “Jute statt Plastik” “Alle meine Fläschlein schwimmen auf dem See, schwimmen auf dem See, Köpfchen in das Wasser, die Reste kannst du nicht sehen.” “All mein Plastik geb ich in den Müll daheim, geb ich in den Müll daheim, es geht alles in die Verbrennung und in die Luft geht das CO2.” “Alle meine Jutesäcke schimmen auf dem See, schwimmen auf dem See, verfaulen und zerfallen einfach, dann kannst du sie nicht mehr sehen.” “Im gefüllten Fisch sind keine Gräten, sondern nur Plastikhüte.”, “Das Fischlein da wird gerade verrückt, es hat Wattestäbchen geschluckt.”
Der Klimawandel und die Gesellschaft
Dass sich das Klima durch menschliche Aktivitäten erwärmt, ist schon länger bekannt, doch der Klimaschutz wurde viel zu lange vernachlässigt. Vor allem die Schulstreiks rund um die Erde tragen momentan dazu bei, dass der Klimaschutz endlich mehr im Fokus steht. Der jungen Generation wird die Erde in schlechtem Zustand übergegeben, während Wirtschaft, Politik und wir alle bei weitem nicht genug tun um die Folgen der Klimakatastrophe einzugrenzen. Schon jetzt häufen sich Dürren und extreme Regenfälle als Folge des Klimawandels, in Europa und der ganzen Welt.
“Viele Leute denken nur ans eigene Geld, statt an den Schutz von der Umwelt!” “Die Alten, die haben das Geld, wir Jungen retten die Welt.” “Der Trump twittert, bei ihm gewittert es.” “Willst du ein sauberes Klima haben, fängst du bei dir selber an.” “Der Wetterfrosch erbleicht – Ohne Regen keinen Laich.” “Lieber Pinguine statt Beduine.” “Von Regen keine Spur, es vertrocknet die Natur.” “Fasnacht in 50 Jahren” “Die Jungen kommen am Freitag Morgen zusammen um den Bollen Dreck zu entsorgen.” “Rettet den kleinen Eisbär” “Der kleine Eisbär ist nicht froh, sein Lieblings-Eisberg ist nicht mehr da.” “Der kleine Eisbär hat gecheckt, was für ein Wurm im ganzen steckt.” “Wegen den Menschen schmilzt bei uns das Eis, das finde ich schon ein bisschen fies.”
Die Invasion der Käfer
Der Verlust an Arten ist ein riesiges ökologischen Problem, was u.a. durch den Verlust an Lebensräumen und die Verschmutzung der Umwelt verursacht wird. Ein anderes Problem ist, dass immer mehr Arten aus anderen Ländern und Kontinenten eingeschleppt werden, wo sie einheimische Arten verdrängen, da sie nicht genug natürliche Fressfeinde haben. Ein Beispiel ist die Marmorierte Baumwanze, eine invasive Art aus China, die sich vermehrt in der Schweiz (und in anderen Ländern) verbreitet. Vermutlich wurden sie ursprünglich aus China über ein diplomatisches Geschenk für den Chinagarten in Zürich eingeschleppt. Hier verdrängen sie einheimische Arten und richten große Schäden an, da sie reifendes Obst fressen. Darüberhinaus suchen in der kalten Jahreszeit Schutz in den warmen Gebäuden, wo sie die Leute in ihren Wohnungen und Büros nerven.
“Von China nach Basel, was ist das schon. Ein Wanzensprung und wir sind da.” “Ob VW Käfer oder Wanze – stinken tun beide im großen Ganzen.” “Eine Stinkwanze meint mit Charme: Unterm Hauptmannsnest ist es warm.” “Die Chinesen lachen sich in den Bauch, weil die Wanzen im Ausland tanzen.” “Ein klarer Fall von InWANZion!” “Zu Tausenden sind die gegen das Ende vom Jahr auch in Basel unter großer Gefahr umhergeflattert, haben wanzig geflucht und sich zum Überwintern ein Plätzchen gesucht.”
Großes Interesse für die Umwelt
Die Auswahl der Themen und wie kritisch mit ihnen umgegangen wurde zeigt grosses Verständnis und Interesse für die derzeitigen Umweltprobleme sowie die Bereitschaft etwas zu unternehmen. Bei machen Themen wie bei den eingewanderten Wanzen ist es leider nur sehr schwer möglich etwas zu tun. Beim Plastik in der Umwelt und beim Klimawandel können wir aber handeln! Ich denke und hoffe, dass wir uns gerade an einem Punkt befinden, an dem sich Umweltbewusstsein immer mehr in den Köpfen verankert und mehr Bereitschaft zum Handeln besteht. Vor allem die junge Generation gibt im Moment viel Hoffnung für ein generelles Umdenken zugunsten des Umweltschutzes.
Unterhaltsam und interessant war die Fasnacht auf jeden Fall. Ich kann jedem nur empfehlen sie einmal selber zu erleben! Ich bin gespannt, welche umweltbezogene Themen im nächsten Jahr präsent sein werden.
Wirklich sehr interessant! Schade, dass es hier in Deutschland meistens nur darum geht Kamelle einzusammeln oder Politiker zu verhöhnen.Vielleicht kommen wir nächstes Jahr auch nach Basel
LikeLike