Mehr Pflanzenarten = Besserer Boden
Der Verlust an Biodiversität, d.h. der Verlust an Pflanzen- und Tierarten, ist momentan eine der größten Bedrohungen für das Leben auf der Erde. Dies wurde kürzlich bestätigt vom aktuellen UN Bericht über Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen. In diesem Zusammenhang präsentiere ich mein Forschungsprojekt über Biodiversität aus meinem Master-Studium. Ich habe analysiert, ob eine höhere Anzahl an Pflanzenarten förderlich für den Boden ist – und ich habe herausgefunden, ja ist sie!
Böden sind wundervolle Konstrukte, geformt aus Gestein von den vereinten Kräften der Natur: Die Luft oxidiert Minerale, der Wind gibt und nimmt Partikel, der Regen spendet Leben, aber nimmt auch Teile der Oberfläche fort. Wurzeln machen Risse und lockern alles. Mikroben sind die zahlreichsten und vielseitigsten Gäste. Würmer und Käfer sind seine Baumeister und Bewohner. Zusammen machen die die Kräfte der Natur und die Zeit Böden zu weisen, alten und unglaublich wichtigen Orten.
Das Leben der Böden unter Menschen
Böden bedecken den größten Teil des Festlandes auf der Erde und sind eine der wichtigsten Ressourcen des Menschen. Böden sind essentiell für das Wachstum vieler Pflanzenarten und daher auch für uns Menschen. Wir brauchen Böden als Wasser- und Nährstoffspender für Nutzpflanzen, als Grund für unsere Häuser und für viele andere Dinge.
Leider nutzen wir Böden so sehr, dass sie sehr beansprucht sind. Sie werden kontaminiert, Teile von ihnen werden weggespült, ihr Nährstoffgehalt sinkt und viele physikalische Parameter verschlechtern sich. Außer versiegelten Flächen von Städten und Straßen, Bergbau und große Industrien, sind große Flächen mit Monokulturen oder entfernter Vegetation ein großes Problem. Diese verringern die pflanzliche Biodiversität, was als die Vielfalt an Pflanzenarten definiert ist. Zum Beispiel sind Böden mit Monokulturen in der Landwirtschaft dafür bekannt an Qualität zu verlieren.
Biodiversität und Bodeneigenschaften
Während eines Projektes in meinem Masterstudium wollte ich herausfinden, welche Effekte pflanzliche Biodiversität, konkret die Anzahl verschiedener Pflanzenarten, auf Bodeneigenschaften haben. Genauer habe ich mir die Bodenporösität und die Bodendichte, auch Lagerungsdichte genannt, angeschaut. Wenn ein Boden eine hohe Porosität aufweist, heißt das, dass er viele Poren hat, die mit Luft oder Wasser gefüllt sind. Eine hohe Porosität ist generell gut, weil sie vorteilhaft für das Wachstum von Pflanzen und vielen Bodenorganismen ist und die Bodenstabilität erhöht, was den Boden vor Erosion schützt.
Böden mit vielen Poren haben automatisch weniger feste Bestandteile pro definiertem Volumen und haben daher eine geringere Lagerungsdichte. Porosität und Lagerungsdichte sind deshalb prinzipiell entgegengesetzte Eigenschaften.
Das Jena Experiment
Als Studentin der Gruppe Ökologische Modellierung der Universität Jena habe ich die Effekte der pflanzlichen Biodiversität auf einem großen experimentellen Feld untersucht – dem Jena Experiment in Jena, Deutschland. Es ist ein riesiges Projekt mit vielen mitwirkenden Wissenschaftlern, die den Einluss von pflanzlicher Biodiversität auf das ganze Ökosystem untersuchen. Ist es besser, wenn es 60 Pflanzen von einer Art gibt oder 60 Pflanzen von verschiedenen Arten? Dieses Feld hat viele kleinere Quadrate mit verschiedener Anzahl an Pflanzenarten: 0, 1, 2, 4, 8, 16 oder 60 verschiedene Arten. Die Arten beinhalten Gräser, Leguminosen, kleine Kräuter und große Kräuter.

Das Jena Experiment: Wie beeinflusst die Anzahl an Pflanzenarten den Boden und das ganze Ökosystem?
Für alle, die an den Details vom Experiment interessiert sind, beschreibe ich in diesem Paragraphen die Methode, die ich benutzt habe. Ich habe Bodenproben von den verschiedenen Quadraten auf dem Jena Experiment mit verschiedenen Artenzahlen genommen. Dafür habe ich kleine Metallzylinder (4,05 cm hoch, Durchmesser 5,7 cm) genommen und sie in den Boden gedrückt. Diese habe ich dann aus dem Boden genommen und zurück zum Labor gebracht (ein Wagen auf dem Gelände des Jena Experiments). Dort habe ich die Zylinder in eine Box mit einem Sandbett gelegt, den Boden zwei Tage lang mit Wasser gesättigt und gewogen um das Nassgewicht zu erhalten. Am Ende habe ich den Boden im Ofen bei 105 °C komplett getrocknet und nochmal für das Trockengewicht gewogen. Mit den Gewichten konnte ich die Lagerungsdichte und Porosität berechnen, wie die folgenden Graphik zeigt.

Methode zur Bestimmung von Lagerungsdichte und Bodenporosität: Bodenprobe nehmen, mit Wasser sättigen, wiegen, trocknen, wiegen und berechnen 🙂
Komplexe Mechanismen verbessern die Bodeneigenschaften
Dein Bauchgefühl sagt dir vielleicht, dass mehr Pflanzenarten besser für den Boden sind, einfach weil es natürlicher ist. Und das ist genau richtig! Die Ergebnisse von dem Experiment zeigen, dass Böden mit mehr verschiedenen Pflanzenarten eine signifikant geringere Lagerungsdichte und höhere Porosität aufweisen.
Aber warum das so ist, ist relativ kompliziert und kann mithilfe anderer Biodiversitäts-Studien erklärt werden. Ein wichtiger Punkt ist, dass mehr Pflanzenarten das Wachstum von mehr Mikroorganismen verursachen. Diese Unzahl an winzigen Organismen fördert die Entstehung und die Stabilität von Bodenaggregaten, d.h. Gruppen von Bodenpartikeln, die aneinanderhaften. Diese Aggregate machen den Boden poröser. Und anscheinend stimulieren mehr Pflanzenarten das Wachstum von Mikroorganismen und daher die Entstehung von Bodenaggregaten, die den Boden poröser und weniger dicht machen.

Pflanzliche Biodiversität verbessert Bodeneigenschaften: Eine große Anzahl an Pflanzenarten führt zu einer hohen Porosität und niedriger Lagerungsdichte, was gut für den Boden ist.
Wichtige Anwendungen
Nicht nur meine, auch hunderte von anderen Studien vom Jena Experiment zeigen, das eine höhere Artenvielfalt gut für den Boden und das ganze Ökosystem ist. Unter anderen konnte dieselbe Gruppe von meinem Projekt in Zusammenhang mit meinen Ergebnissen zeigen, dass eine höhere Zahl an Pflanzenarten durch die erhöhte Porosität die Kapazität des Bodens Wasser aufzunehmen erhöht. Dies ist für den Wasserhaushalt des Bodens wichtig. Wenn mehr Regenwasser infiltrieren kann, kann der Boden auch mehr Wasser speichern, wodurch es für Pflanzenwachstum verfügbar ist. Wenn Wasser nicht infiltrieren kann, führt das zur Bodenerosion und im schlechtesten Fall zu Überschwemmungen.
Wir können dieses erlangte Wissen nutzen um zu entscheiden, was wir mit unseren Böden tun sollen. Zum Beispiel wenn Böden renaturiert werden, weil eine Straße oder ein Gebäude entfernt wird, ist es sehr empfehlenswert viele verschiedene Arten zu pflanzen. In der Landwirtschaft ist es auch eine gute Idee Monokulturen zu vermeiden, wenn es möglich ist. Oder wenn du deinen eigenen Garten hast, versuche viele verschiedene Blumen, Gräser und Kräuter zu pflanzen!
Literatur und weitere Informationen:
Mein Projekt wurde von Christine Fischer und Anke Hildebrandt betreut und als Teil dieses Artikels veröffentlicht:
Lerne mehr über das Jena Experiment hier: